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Montag, 19. Oktober 2015

Atemübungen

Wenn ich mich freue, muss ich es teilen. Ich möchte meine Freude in die ganze Welt hinausposaunen, damit sich jeder auch daran freuen kann. Leider musste ich im Laufe meines Lebens feststellen, dass sich nicht alle über die gleichen Dinge freuen wie ich. Aber das ist ok, deswegen wende ich mich mit diesem Post an Menschen, die sich an folgendes freuen:

  • ein kurzweiliges Vergnügen, das lange währt
  • einen entkommen aus der Welt, indem man ein Stückchen mehr der Welt entdeckt
  • reflektieren des eigenen und des anderen Verhaltens
  • ein Buch, dass sprachlich, dynamisch und inhaltlich verzaubert und verreisen lässt.

Vor einigen Jahren habe ich in dem Magazin „Bücher“ einen Artikel über die Autorin Anne Tyler gelesen. Ihr Schreibstil wurde hochgelobt und klang vielversprechend. Daraufhin musst eich mir sofort ein Buch von ihr zulegen und das Überprüfen. Leider musste das Überprüfen warten, denn ich kam auf die Bibelschule und die viele Zeit zum Lesen von unterhaltsamer Literatur war leider vorbei. In den letzten Wochen zwinge ich mich aber dazu, mir Raum für diese Bücher zu nehmen, weil ich gemerkt habe, wie sehr sie mir fehlen. Umso wichtiger ist es, dass das gelesene Buch dann auch wirklich gut ist; da bin ich geradezu schneubig geworden.

Wie gut, das ich vor ein paar Wochen zu Anne Tylers Buch „Atemübungen“ gegriffen habe. Das Buch handelt von einem Ehepaar, das 24 Jahre verheiratet ist. Es begleitet die beiden einen Tag lang und deckt während dessen Stück für Stück ihre Familiengeschichte und eigene Identität auf. Selten war ein Tag in einer Ehe so spannend beschrieben, so facettenreich dargestellt und so anregend gefüllt.


"Ehe und Familie gehören 
zu den wenigen Dingen, 
aus denen man nicht so einfach rauskommt. 
Man muss sich irgendwie damit arrangieren" 
(Anne Tyler)

Das Buch bietet vieles, was ich bei Büchern wichtig finde:
  • Es ist sehr gut geschrieben und voll mit Kunstgriffen. Am liebsten gefallen mir die Rückblenden, die so fließend in die Geschichte eingebaut werden, dass man sie gar nicht bemerkt und plötzlich hat sich vor einem ein halbes Leben ausgebreitet, einfach so.
  • Das Buch bietet die Innenansicht von zwei Protagonisten. Eigentlich mag ich diese Perspektive nicht so sehr, doch Tyler arbeitet unglaublich gut damit. Sie deckt dadurch kommunikative Missstände in der Partnerschaft auf. Im Laufe des Romans verändert sich meine Perspektive immer wieder. Irgendwann wird mir dann klar, alles ist eine Sache der Perspektive und daher sollte man nie zu voreilig urteilen.
  • Und damit komme ich zu meinem letzten und wichtigsten Punkt: Das Buch regt zum Nachdenken an, zum Reflektieren, zum Meinungen über Bord werfen oder erweitern.
Bei meinen Recherchen zu diesem Post habe ich herausgefunden, dass dieser Roman sogar mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet ist. Ich bin also nicht die einzige, die von diesem Buch eingenommen wurde ;)

Wer noch mehr über Anne Tyler erfahren will, findet einen guten Artikel in der Zeit.