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Donnerstag, 9. Februar 2012

One-Night-Stand

Er presste seine feuchten Lippen auf ihre, während sie mit dem Fuß die Wohnungstür zutrat. Es konnte ihnen nicht schnell genug gehen. Während seine Zunge ihre Mundhöhle durchstöberte und dabei auf Maiskolbenreste des Mittagessens traf, zog sie mit aller Gewalt an den Ärmeln ihrer neuen Lederjacke.
Erst vor zwei Tagen ist sie mit ihrer Freundin lachend und giggelnt durch die Einkaufspassage gelaufen. Hatte mit dem überteuernden Starbuckskaffee in der Hand die wildesten Theorien aufgestellt, warum sie beide noch Single sind und kam am Ende nur darauf, dass Männer Idioten waren. Sie waren umgeben von den rosa und pinken Schildern auf denen Unmengen an Prozentzeichen zu sehen waren und ausgerechnet vor dem Geschäft, das den Reduzierwahn boykottierte, blieb sie stehen und sah DIE Lederjacke im Schaufenster. Ein Aufenthalt in einer winzigen Umkleidekabine, die nach billigen Parfüm roch, und minutiöses Ausdiskutieren der Notwendigkeit einer solchen Jacke später wechselte sie mit der Verkäuferin ihre letzten Ersparnisse gegen eine Lederjacke, deren Braunton doch besser zu den neuen Schuhen passte, als der ihrer zwei anderen.

Nachdem das Kunststück vollbracht war, ohne Pause die Lippen ihres Gegenübers zu berühren und dabei ihre Jacke abzustreifen waren die Lederriemensandalen an der Reihe. Dies offenbarte sich als um einiges schwieriger. Nach zwei drei Versuchen war klar, diesen Abend wird sie bereuen. Was ihr in diesem Moment noch nicht klar war und dafür am nächsten umso mehr, war die Tatsache dass die Riemen der Lederriemensandalen gerissen und kaum reparierbar waren. Manch einer hätte den Verlust vielleicht nicht gespürt, da sie noch drei weitere dieser Art in ihrem Kleiderschrank aufbewahrte, doch diese hatten Schleifchen an der Seite, die sie doch gar einzigartig machten.
Er hatte von all ihren Schwierigkeiten nichts bemerkt und war nur mit dem Gedanken beschäftigt, ob sie wohl das Kreisen der Zunge oder das Lecken über die Zähne schöner empfand. Während er also sein ganzes Zungenrepertoire abwechselnd in ihrem Mund wollführte schlüpfte auch er aus seinen Turnschuhen. Zehen auf die Hacken gestellt und den Schuh etwas runter gedrückt und schon waren die Füße frei. Auch das Entkleiden der Jacke war mit zwei Zügen getan.

Diese Jacke lag schon über den Schultern seiner ersten Freundin. An dem Abend, als sie von dem Abiball spazieren gingen. Im Hintergrund hörte man den dumpfen Bass der Musik und Fußballgesänge der betrunken Mitschüler, denen das Flatratetrinken zu Kopf gestiegen war. Nachdem sie sich in die vorgewärmte Jacke kuschelte dauerte es nicht mehr lange, bis er den Mut fand um auch ihre Hand zu ergreifen und darauf folgten viele erste Male. Erster Kuss – Erste Statusänderung– Erste DvD schauen – Erste Übernachtung – Erstes Mal- Viele Male – Erster Streit – Viele Streits – Erstes Fremdgehen – Erste Ex-Freundin. Die Jacke blieb.
Nachdem der Sitte genüge getan und Jacken wie auch Schuhe im Flur verblieben kam es zu einer Verschnaufspause der Lippen, um nach der Tür des Schlafzimmers Ausschau zu halten. Sie nahm ihn an die Hand und führte ihn in ihr Wohlfühlraum. Die letzten zwei Jahre hatte sie daran gearbeitet das Bett zur Kommode, die Kommode zum Teppich, den Teppich zur Tapete, die Tapete zu den Vorhängen und den Spiegel ihrer Figur anzupassen. Nun passte hier wirklich alles und in den letzten fünf Minuten jedes Tages erfreute sie sich daran, bis sie die Augen schloss.

Von Augen schließen konnte im Moment jedoch nicht die Rede sein. Er begann sein Repertoire wieder von vorne und auf Platz eins stand sinnloses Rumgestochere im Mundraum. Immer wieder streckte er die Zunge und nahm sie wieder ruckartig zurück, ganz so als wolle er ihre Zähne putzen, was auch nicht unbedingt unnötig gewesen wäre. Dem Ganzen musste sie ein Ende machen. Sie machte einen Schritt von ihm weg und mit einer gekonnten Bewegung streifte sie das hautenge Top ab, das ihre Brüste doppelt so groß wirken ließ als sie eigentlich waren.

Ihre beste Freundin hatte es ihr gekauft, nachdem sie zwischen dem zweiten und dritten Cocktail der Happy Hour in ihrer Lieblingsbar erwähnt hatte, mit dem Gedanken zu spielen, ihre Brüste vergrößern zu lassen. Das gute Herz ihrer Freundin, das dem guten Auge in Sache Mode in nichts nachstand, war unbezahlbar.
Nun wurde ihrem Gegenüber die ungeschönte Wahrheit ihres Busens offenbar. Und er sah, dass es gut war. Natürlich musste es dazu kommen, dass er annahm, dass Ihr fortschreitendes Ausziehen seine Belohnung für das gute Küssen war und nahm sich fest vor, diese Kussart beizubehalten. Sie war für ihn zwar recht anstrengend, doch wenn sie darauf stand, würde er es eine Nacht wohl durchhalten können. Seine Konzentration wechselte nun von ihren feuchten Lippen zu ihrem B-Körbchen. Er brauchte nur wenige Sekunden um zu entscheiden, wie er wohl am besten zu deren Genuss kam. Er hielt sie fest am Brustkorb und warf sie auf die frisch gewaschenen Seidenbedecke.

Einen kurzen Moment musste sie daran denken, wie sie am Wochenende bei ihrer Mutter zu Besuch war, damit diese ihre Bettwäsche wusch. Selbst nach fünf Jahren fiel es ihr schwer mit Seide richtig umzugehen. Da nahm sie es ab und zu in Kauf von ihrer Mutter in die Mangel genommen zu werden. „Wie geht es denn deinem netten Kollegen? Er sieht doch zu niedlich aus. Du hast doch wohl nicht ausgeschlagen mit ihm was trinken zu gehen? Sind das neue Schuhe? Nein, ach die hast du doch schon oder? Du kannst doch nicht dein ganzes Geld - als ich in deinem Alter – verdreh nicht die Augen wenn ich mit dir rede. So habe ich dich nicht erzogen. Weißt du eigentlich schon das mit deiner Cousine? Achja, die Hochzeitseinladungen, zu schön oder? Was man heute alles machen kann, es ist so erstaunlich. Ich bin schon gespannt auf deine. Aber dazu brauchst du erst einmal einen Mann. Beim Aldi haben sie jetzt so einen netten Verkäufer. Vielleicht solltest du dort einmal neue Slips kaufen und dich beraten lassen. Dann hätte ich auch nicht immer diese Fähnchen von dir zu waschen. Unfassbar so alt und lässt sich von der Mutter ihre Wäsche waschen und nicht einmal einen Mann…“ Vielleicht waren es die 300 € Bettlaken doch nicht wert.

Als er ihren kleinen Brüsten überdrüssig wurde begann er damit die Gürtelschnalle zu öffnen. Dies war der Startschuss für ein weiteres Schauspiel. Wie steige ich am geschicktesten aus meiner Hose während ich auf ihr drauf liege? Ich verrate Ihnen die Antwort, lieber Leser: Es gibt keine. Nachdem er sich wie ein Wurm auf dem Bettlaken gekrümmt hatte entschied er sich doch etwas von ihr runter zu gehen und ihr damit die Möglichkeit einzuräumen wieder zu atmen. Er schlüpfte endlich aus seiner G-Star Hose heraus, in der sein Hintern angezogen besser aussah, als er eigentlich war. Während er mit der Freilassung seines Gemächts beschäftigt war, nutzte auch sie den Moment um aus dem Minirock zu schlüpfen. Schnell hob sie ihren Slip und begutachtete das Rasierresultat. Recht zufrieden legte sie ihn wieder zurecht, er sollte ja auch noch was zu tun haben und die 25 € für den Slip sollten sich schließlich gelohnt haben. Auch wenn er nur einen Blick auf ihn warf um zu schauen, wie er ihn am besten loswurde. Er sah, nahm und bestieg.

Mehrere Aufs und Abs, Hochs und Tiefs, ich gehe, in der Annahme die Auslassung der Details ist dem Leser recht, ansonsten empfehle ich Literatur, die unter Kategorien wie Erotik zu finden sind, mit der Erzählung etwas weiter und setze wieder an beim Höhepunkt. Beziehungsweise seinem Höhepunkt und ihrem Tiefpunkt an schauspielerischer Leistung. Nach einigen Ohs und Ahs, Gestöhne und Gejapse ließen sich die beiden nebeneinander nieder und schliefen ein.

Der Sonnenschein kitzelte ihre Nase und holte ein Niesen hervor. Erschrocken, als sie dem Mann neben ihr gewahr wurde, fuhr ihre Hand auf ihren Mund. Bloß keinen falschen Laut von sich geben. Man möchte das Prachtexemplar doch erst einmal nüchtern begutachten, bevor es wach wird und man ihm ausgeliefert ist. Neben ihr lag ein Ende zwanziger Typ. Seine braunen Haare waren verwuschelt und ließen eindeutig erste Anzeichen von fettigen Haaren erblicken. Direkt am Haaransatz, dort wo das Haar begann sich zu lichten, wuchs ein Eiterpickel, der vermutlich noch nicht seine ganze Größe erreicht hatte. Die Nase war merkwürdig gebogen und war der Beweis seiner wilden schlagfertigen Jugend. Seine Augen waren in Höhlen eingelassen, die ihr klar machten, dass sie gestern Nacht an seinem Hobby teilhaben durfte. Die Lippen waren dick und wulstig. Sie konnte kaum glauben jemals solche Lippen geküsst zu haben. Der Körper war nüchtern betrachtet nicht einmal halb so oft im Fitnessstudio, wie er es ihr ins Ohr flüsterte, während sie an ihrem Cosmopolitan genippt hatte. Nach der Bestandsaufnahme hoffte sie innständig, dass er ohne einen Kommentar aus ihrer Wohnung verschwand, wenn sie nur lang genug still lag.

Sie war wach. Scheiße Mann, sie war schon wach. Wie sollte er jetzt noch unbemerkt hier raus? Einfach still liegen bleiben. Still, still. Was macht die alte denn da? Hatte sie gestern nicht genug Zeit mich zu bewundern? Hoffentlich malt sie nicht noch ein Herz oder so was auf meinen Körper. So Weiber solls ja geben. Und jetzt? Weiter schlafen oder wie? Ja, schlaf ein mein Püppchen schlaf schön ein.
Er öffnete seine Augen. Das Sonnenlicht badete die nackte Frau neben ihm in gleisendes Licht, das keinen Fehler verbarg und davon gab es viele. Die Realität, das Offenbarte war erschreckend. Als wenn mitten im Tanz das Licht der Diskothek angeht. Er hörte auf ihren Atem. Er klang nicht so gleichmäßig wie erhofft, doch besser als gar nichts. Vorsichtig stieg er aus dem Bett und suchte seine Kleidung zusammen. Dabei verfing sich sein Fuß in ihrem Slip und ließ in straucheln. „Schei –„ setzte er an und konnte sich gerade so zusammenreißen. Vorsichtig sah er zum Bett. Sie bewegte sich nicht. Schnell nahm er den Slip geekelt vom Fuß und warf ihn in eine Ecke, in der sie ihn sehr lange nicht finden wird und sie zu einem weiteren Fluch über die Nacht veranlasste.

Nachdem er eine Socke, seine Boxershorts, die Hose und sein T-Shirt aufgesammelt hatte ging er in den Flur und schloss die Tür. Ein tiefes Aufatmen entfuhr ihren Mündern. Im Flur zog er sich alles schnell über und machte den One-Night-Stand-Look mit offenen Schnürsenkel und der alten Jacke perfekt.
Der letzte Laut den sie gemeinsam vernahmen war der Knall der ins Schloss fallenden Haustür.

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